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Standpunkte: Wie entwickeln sich Wissenschaftskommunikation und Wissenschaftsjournalismus?

Ist Wissenschaftskommunikation im Aufwind oder bekommt sie immer mehr Gegenwind? Mit dieser Frage haben sich die Teilnehmer*innen der WissKon23, der NaWik-Konferenz für kommunizierende Forschende beschäftigt. Wie der Wissenschaftsjournalismus mutiger werden kann, erklärt Volker Stollorz, Leiter des Science Media Center, in einem Interview. Die Erkenntnisse haben wir für Sie zusammengefasst.

Rücken- und Gegenwind für die Wissenschaftskommunikation

Breite Anerkennung für kommunizierende Forschende, aber auch Angriffe auf Wissenschaftler*innen, die in der Öffentlichkeit stehen: Das sind zwei gegenläufige Tendenzen, die den aktuellen Zustand der Wissenschaftskommunikation in Deutschland beschreiben, und bei der WissKon23 am 5. Mai in Karlsruhe im Mittelpunkt standen. Die Konferenz hatte zum ersten Mal ein Motto: „Rücken- und Gegenwind für die Wissenschaftskommunikation“.

Forschungsministerium fördert Wissenschaftskommunikation

„Aus politischer Perspektive sehen wir Wissenschaftskommunikation als ein wichtiges gemeinsames Anliegen“, betonte Jens Brandenburg, Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung, laut wissenschaftskommunikation.de in seiner Keynote. Wissenschaft und ein Verständnis von Wissenschaft seien unerlässlich, um aktuelle Herausforderungen zu bewältigen. Deshalb sei es auch erklärtes Ziel des Ministeriums, Wissenschaftskommunikation zu fördern, zum Beispiel durch die Verankerung des Themas in Auswahlprozessen für Förderanträge.

Als Anregung für eine gute Praxis formulierte der Staatssekretär drei Thesen für die Wissenschaftskommunikation:

  • Erstens sei es wichtig, nicht nur einseitig Informationen zu vermitteln, sondern in einen Dialog zu treten und aktiv zuzuhören.
  • Zweitens solle der Fokus nicht nur auf der Kommunikation von Ergebnissen liegen, sondern auch das Wesen der Wissenschaft und die damit verbundenen Ambivalenzen und Unsicherheiten einbeziehen.
  • Drittens sollten neue Zielgruppen erschlossen werden – vor allem Menschen, die bis heute wenig Zugang zu Wissenschaft haben, aber grundsätzlich dafür empfänglich seien.

Forscherin fordert mehr Wertschätzung für Wissenschaftskommunikation

Mehr Wertschätzung für Wissenschaftskommunikation, die viele Forscher*innen zusätzlich zu Lehre, Forschung und administrativen Arbeiten machen, forderte Amrei Bahr, Juniorprofessorin für Philosophie der Technik und Information an der Universität Stuttgart, in ihrer Keynote. „Wissenschaftskommunikation ist nicht unser exzentrisches Hobby, sondern Arbeit“, sagte Bahr laut wissenschaftskommunikation.de. Für diese Arbeit brauche es angemessene Bezahlung und Perspektiven. Selbst wenn Wissenschaftskommunikation inzwischen in Bewerbungsverfahren mehr Wertschätzung erfahre, sei sie immer noch weit entfernt davon, als gleichwertige Tätigkeit anerkannt zu werden. Hinzu kommt, laut Bahr, das Risiko von Anfeindungen und Attacken in der Öffentlichkeit, wovon gerade weibliche Wissenschaftlerinnen häufig betroffen seien.

Kommunikationschef plädiert für Demokratisierung der Wissenschaftskommunikation

Für eine stärkere Demokratisierung der Wissenschaftskommunikation setzte sich Patrick Honecker, Chief Communication Officer an der TU Darmstadt, bei der anschließenden Podiumsdiskussion ein. Obwohl die zentrale Kommunikation von Institutionen nach wie vor wichtig sei, sollten Wissenschaftler*innen schon früh in die Lage versetzt werden, an ihre spezifischen Zielgruppen heranzutreten. „Wir können niemanden dazu zwingen, aber es braucht das Angebot“, sagte Honecker laut wissenschaftskommunikation.de. Darüber hinaus sei es immer gut, mit einer Medienanfrage umgehen zu können, ergänzte Hanna Proner, Direktorin Science, Public, Education beim Zeitverlag Gerd Bucerius GmbH in Hamburg.

Wissenschaftsjournalismus mit mehr Mut

Welche Rollen Medien in der Wissenschaftskommunikation spielen und wie Wissenschaftsjournalismus mutiger werden kann, erklärte Volker Stollorz, Leiter des Science Media Center Germany (SMC) in einem Interview in „Der Standard“.

Digitale Qualitätsmedien bauen Wissenschaftsjournalismus aus

Seit der Corona-Pandemie bauen laut Stollorz „die digitalen Qualitätsmedien den Wissenschaftsjournalismus aus“, da der Erklärungsbedarf über komplexe Themen mit Wissenschaftsbezug offensichtlich sei. „Das merken wir, weil unsere Angebote im Science Media Center stark nachgefragt werden“, sagte er im Interview. Allerdings hätten während der Pandemie oft auch Redaktionsmitglieder „mehr oder weniger zufällig“ über wissenschaftliche Themen geschrieben. „Aber ich würde schon argumentieren, dass Journalistinnen und Journalisten mit Erfahrung und Vorwissen die Wissenschaften durch ihre ständigen Interaktionen mit dem System deutlich besser vermitteln und einordnen können.“ Denn die Expertise von Wissenschaftsjournalist*innen in Bezug auf wissenschaftliches Wissen sei hochrelevant für eine gute Berichterstattung.

Wissenschaftsjournalismus sollte mutiger werden

„Dem Wissenschaftsjournalismus kommt (...) immer wieder die Rolle des Aufklärers und ehrlichen Maklers zu, der nach verlässlichem Wissen sucht und es auf den Tisch legt“, ist sich Stollorz sicher. Allerdings dürfe er seiner Meinung nach ruhig digitaler und auch mutiger werden und deutlich mehr experimentieren.

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Elke Zapf