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Hate Speech entgegentreten: Was können Kommunikator*innen tun?

Rassistische Kommentare auf Facebook, nationalistische Hetze in Twitter, Gewaltandrohungen gegen Wissenschaftler*innen: Immer mehr Kommunikationsabteilungen sind mit Hass und Hetze im Netz konfrontiert. Die Hamburger Justizsenatorin Anna Galina macht sich deshalb aktuell für ein bundesweites Online-Portal zur Meldung von Hasskommentaren stark. Was Kommunikator*innen jetzt schon tun können, zeigt die Webseite www.hatespeechentgegentreten.de.

Hatespeech beschäftigt immer mehr Kommunikationsabteilungen

Was ist Hate Speech?

Bei Hate Speech geht es um „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Darunter fallen zum Beispiel Antisemitismus, Rassismus, Frauenfeindlichkeit, Homo-und Transfeindlichkeit sowie andere Formen des Hasses auf bestimmte Gruppen. Aber Hate Speech kann auch persönlich werden“, erklären Kira Ayyadi und Stefan Lauer von der Amadeu Antonio Stiftung auf der Webseite www.hatespeechentgegentreten.de.

Die Webseite ist das Ergebnis eines Projekts, das die Stiftung schon im Jahr 2020 gemeinsam mit dem Bundesverband der Kommunikatoren (BdKom) und der Forschungsgruppe Modellprojekte im Rahmen des Programms „Demokratie leben!“ durchgeführt hat. Damals wurden 715 Kommunikationsverantwortliche in Deutschland online befragt.

Wie viele Kommunikationsabteilungen sind von Hate Speech betroffen?

45 Prozent der befragten Kommunikator*innen haben in ihrer täglichen Arbeit mit Hasskommentaren in sozialen Medien zu tun. „Ein Großteil der Betroffenen (41 Prozent) sieht sich etwa alle drei Monate mit einem Fall von Hate Speech in Unternehmen oder Organisation konfrontiert, 10 Prozent sogar wöchentlich“, heißt es in der Pressemitteilung des BdKOM.

Besonders betroffen von Hate Speech sind Behörden mit 59 Prozent und Nichtregierungsorganisationen mit 55 Prozent. Bei Unternehmen sind die Hasskommentare zwar geringer, aber auch hier sind noch knapp 33 Prozent betroffen.

Wie viele Wissenschaftler*innen sind betroffen?

Immer häufiger werden auch Wissenschaftler*innen bedroht, beschimpft oder beleidigt. Zumindest, wenn sie sich öffentlich zum Pandemiegeschehen äußer. Das zeigt eine nicht-repräsentative Umfrage des Journals Nature in Kooperation mit internationalen Science Media Centern, über die wissenschaftskommunikation.de berichtet. Für die Umfrage wurden 321 internationale Forschende befragt – mit erschreckendem Ergebnis: 80 Prozent waren schon persönlichen Angriffen oder Troll-Kommentaren ausgesetzt, 22 Prozent bekamen Androhungen von Gewalt, 15 Prozent sogar Morddrohungen.

Was tut die Politik?

„Hass im Netz vergiftet die Gesellschaft“, sagte die Hamburger Justizsenatorin gegenüber der ZEIT und setzt sich dafür ein, dass „Hate Speech konsequent angezeigt (wird), damit die Täter zur Rechenschaft gezogen werden können“. Mit einem entsprechenden Beschlussvorschlag soll sich die Justizministerkonferenz am 1. und 2. Juni befassen. Geplant ist ein Online-Dienst mit einem einheitlichen und einfachen Zugang für alle, in dem sowohl Screenshots und Videodateien als auch Strafanträge hochgeladen werden können.

Wie können Kommunikator*innen Hate Speech entgegentreten?

Auch „professionelle Kommunikatoren können einen wichtigen Beitrag leisten, um eine wirksame gesellschaftliche Antwort auf Hass im Netz zu geben“, betont Regine Kreitz vom BdKom. Wie das konkret geht, zeigt die Webseitewww.hatespeechentgegentreten.de an einigen Fallbeispielen auf:

Counterspeech nutzen

Counter Speech, also Gegenrede, empfiehlt Viola Schmidt von der Amadeu Antonio Stiftung im Beitrag „Mut zu mehr Haltung: Counter Speech als Chance“: „Der Grundgedanke: Menschenverachtende, abwertende Kommentare bleiben nicht unwidersprochen, sondern werden argumentativ und mit Haltung kommentiert, demontiert und entkräftet“. Wer Counter Speech betreibe, zeige Haltung und stehe für die Werte seiner Organisation ein. Darüber hinaus stärke er oder sie die eigene Social-Media-Community und auch die Mitarbeitenden.

Die Krankenkasse DAK-Gesundheit tat dies im Jahr 2018 sehr erfolgreich, wie der Beitrag #Haltung zeigt. Die Kommunikationsabteilung konnte einen rassistischen Shitstorm in sein Gegenteil verkehren, indem sie sofort in den „Krisenmodus“ schaltete und aus dem Team heraus die Kampagne #Haltung entwickelte. Dafür bekam die Krankenkasse extrem viel Zuspruch in den sozialen Medien.

Vorbereitet sein

Kommunikationsabteilungen sollten immer auf einen Shitstorm und Hate Speech vorbereitet sein. Das empfehlen Alina Darmstadt, Mick Prinz und Oliver Saal von der Amadeu Antonio Stiftung im Beitrag „Ein Werkzeugkasten für Kommunikationsprofis“.

Ihre Tipps reichen von „Legen Sie vorab fest, wie Ihr Vorgehen im Shitstorm ist: Wer aus Ihrer Organisation und welche Partner*innen müssen benachrichtigt werden? Wer darf Entscheidungen treffen?“ bis zu „Achten Sie auf sich selbst. Es ist anstrengend und kann frustrierend sein, sich permanent mit Hass und Menschenfeindlichkeit beschäftigen zu müssen.“

Eigene Erfahrungen teilen

Kommunikationsabteilungen, die selbst Erfahrungen mit Hate Speech gemacht haben, können ihre Erfahrungen mit Kolleg*innen teilen. Was war hilfreich, was hat gut funktioniert, was nicht? Der BdKOM freut sich über Kontaktaufnahme hatespeechentgegentreten(at)bdkom.de.

Mehr Informationen:

Elke Zapf