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Denkanstoß: Wie die Wissenschaftskommunikation entkolonialisiert werden kann

Die internationale Wissenschaftskommunikationslandschaft ist immer noch von europäischer Zentriertheit und westlich-weißen Überlegenheitsvorstellungen geprägt, sagt die Wissenschaftskommunikatorin Elizabeth Rasekoala. Sie ist Präsidentin von „African Gong – The Pan African Network for the Popularization of Science & Technology and Science Communication“ und veröffentlicht im Juli ein Buch über dieses Thema. Darin geht sie auch der Frage nach, wie die Wissenschaftskommunikation entkolonialisiert werden kann und der globale Süden sichtbar wird.

Globus mit Afrika im Mittelpunkt

Afrika und der globale Süden kommen in der Wissenschaftskommunikation viel zu selten vor (Foto: pixabay)

Hegemonie des weißen westlichen Paradigmas

„Die Hegemonie des weißen westlichen Paradigmas ist so offensichtlich, dass man in einer Art Paralleluniversum gefangen sein müsste, um es nicht zu sehen“, erklärt Elizabeth Rasekoala in einem aktuellen Interview auf wissenschaftskommunikation.de. Bereits im Februar 2021 hatte sie einen Beitrag im Journal of Science Communication veröffentlicht und war darin der Frage nachgegangen „Wenn wir von Best Practice in der Wissenschaftskommunikation sprechen, um wessen Praktiken geht es dann genau?“.

 „Kolonialität des Wissens“ und „weiße Unschuld“

Drei kritische Aspekte machen klar, was die Präsidentin von African Gong mit der „Hegemonie des weißen westlichen Paradigmas“ meint:

„Der erste Aspekt ist das, was der lateinamerikanische Wissenschaftler Anibal Quijano als Kolonialität des Wissensdefiniert hat“, erklärt Elizabeth Rasekoala. Der globale Norden habe im Rahmen der Kolonialisierung dem globalen Süden sein eurozentrischen Wissensmanagement übergestülpt und habe das „Wissen, über das die Menschen vor Ort verfügten und mit dem sie jahrhundertelang überlebten und gediehen, bevor die Europäer an diese Küsten kamen,“ zunichte gemacht und gebrochen.

Als zweiten Aspekt führt sie das Konzept der sogenannten „racial grammar“ an, das auf den US-amerikanischen Literaturwissenschaftlers Edward Said zurückgeht. Er beschreibt darin, wie die aus dem Westen stammenden Praktiken der Wissenschaftskommunikation auf Kosten der Praktiken anderer Kulturen privilegiert werden – und so Beiträge aus dem globalen Süden „unsichtbar“ machen.

Der dritte Aspekt stammt von der niederländischen Wissenschaftlerin Gloria Wekker, die den Begriff der „weißen Unschuld“ geprägt hat. Dieser Zustand der Normalisierung mache es den Herrschenden bequem und erlaube es ihnen, mit einem ganzen Arsenal von Rechtfertigungen systemische Ungleichheiten zu leben und sie als selbstverständlich anzusehen. „Wir kämpfen jeden Tag in unserem Berufsleben damit, und doch sehen unsere Kollegen im Globalen Norden es nicht“, bedauert Rasekoala.

Globalen Süden sichtbar machen und Wissenschaftskommunikation entkolonialisieren

Als Präsidentin von „African Gong – The Pan African Network for the Popularization of Science & Technology and Science Communication“ macht sich Rasekoala für eine Entkolonialisierung der Wissenschaftskommunikation stark und will die Leistung des globalen Südens sichtbar machen: „Es geht nicht nur um euch. Wir (...) im globalen Süden (...) haben auch eine gültige globalisierte Weltsicht, die wir einbringen können.“ Diese Aufgabe müssten die Wissenschaftskommunikator*innen aus dem globalen Norden und dem globalen Süden gemeinsam bewältigen und sich auch der „blinden Flecken“ in ihrer eigenen Wahrnehmung bewusst werden.

Dezidiert spricht sich Rasekoala auch für das Konzept des Afrozentrisumus aus, das auf das Buch „Afrocentricity“ des afroamerikanischen Wissenschaftlers Molefi Kete Asante aus dem Jahr 1980 zurückgeht. Darin ruft er Afrikaner*innen und Menschen afrikanischer Abstammung auf, nicht länger zuzulassen, dass der globale Norden ihre Handlungsfähigkeit untergräbt, – sondern sich selbst in den Mittelpunkt zu stellen, wenn es darum geht, die eigene Entwicklung, die eigenen Wissenssysteme und die eigene Wissenschaftskommunikation zu definieren.

Globaler Norden sollte im eigenen Land beginnen

Wissenschaftskommunikator*innen im globalen Norden fordert Rasekoala auf, ihre eigene Wahrnehmung zu hinterfragen und im eigenen Land mit Aktivitäten zu beginnen.

„Es gibt kein europäisches Land, in dem es angesichts der historischen und gegenwärtigen Migrationsbewegungen keine farbigen Menschen in erheblicher Zahl gibt. Was wir also von unseren Kolleg*innen im Globalen Norden fordern müssen, ist nicht einmal die Auseinandersetzung mit uns hier auf dem afrikanischen Kontinent. Wir müssen den Dialog mit der Frage beginnen: Wo ist euer Engagement für die afrikanische oder asiatische Diaspora, die sich direkt vor eurer Haustür befindet?“

Das sei das am leichtesten zu erreichende Ziel – aber diese grundlegende Anstrengung werde kaum unternommen.

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Elke Zapf

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